Hinter den Kulissen von 112 - Besuch der Hochschule Hof in der ILS
Exkursion zur Integrierten Leitstelle (ILS) Hochfranken in Hof
Hinter den Kulissen von 112
Das Klingeln eines Telefons stellt uns manchmal vor die Frage „Abheben oder nicht?". Anders für die Mitarbeiter der ILS in Hof. Dort entscheiden die nächsten Sekunden über den Einsatz eines Rettungshubschraubers oder auch „nur" eines Krankentransports. In einigen Fällen geht es um die Frage von Leben oder Tod. Im November 2016 berichtete Peter Schrepfer von der ILS in der Vorlesung „Krankenversicherungsrecht" (BW / WR) sehr anschaulich über die Aufgaben der Leitstelle und seinen Arbeitsalltag. Daran schloss sich eine Führung durch die Räumlichkeiten am Alsenberg an.
Wofür steht „Integrierte Leitstelle"? „Integriert" beschreibt die Zusammenführung des Rettungsdienstes, der Feuerwehr sowie sonstiger Hilfsorganisationen (wie u.a. ASB, DLRG, THW) und privater Anbieter unter der Rufnummer 112. Zum Einzugsbereich der ILS Hochfranken gehören die Stadt Hof sowie die Landkreise Hof und Wunsiedel – insgesamt immerhin ca. 245.000 Menschen. Aufgaben der Leitstelle ergeben sich vor allem durch Brände, medizinische Notfälle, Krankentransporte und Verkehrsunfälle, gleich ob in der Innenstadt oder auf der A 9. Die Zahl der Einsätze stieg im Jahr 2015 auf rund 65.000 an. Leider wird das Personal aber mitunter durch missbräuchliche Anrufe von der Arbeit abgehalten. Kaum zu glauben, dass einmal ein Anrufer versucht hat, mangels Prepaid-Guthaben über die 112 eine Pizza zu bestellen. Was dabei neben der Strafbarkeit des Missbrauchs von Notrufen jedoch häufig außer Acht gelassen wird: Anrufe dieser Art können Menschenleben gefährden. So zählt etwa bei einem Schlaganfall beinahe jede Sekunde, um den Patienten schnellstmöglich zu versorgen („time is brain").
Zeugen einer ernsthaften Alarmierung wurden die Studierenden während der Exkursion, als nämlich der Rettungseinsatz nach einem Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person koordiniert werden musste. Daneben gewährte Schrepfer Einblicke in die Planung und Durchführung unterschiedlicher Rettungseinsätze. Die Studierenden konnten im Einsatzraum frei zwischen unterschiedlichen Arbeitsplätzen von ILS-Mitarbeitern wählen und so konkrete Eindrücke von deren täglicher Arbeit gewinnen und beobachten, was passiert, wenn das Telefon klingelt und die nächsten Sekunden entscheiden.
Prof. Dr. Markus Finn
Cynthia Rüpplein
Rettungsdienst oder Notdienst – 112 oder 116 117?
In Deutschland sind beinahe 90 % der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert. Trotzdem wird vermutlich nicht allen Versicherten die im Jahr 2012 eingeführte kostenfreie Rufnummer 116 117 bekannt sein. Darüber kann man bundesweit den sog. „Notdienst" erreichen. So wird die ärztliche Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten von Arztpraxen genannt. Medizinische Betreuung, z.B. ein Hausbesuch am Feiertag wegen starker Magenschmerzen, wird von den ambulant tätigen Kassenärzten erbracht. Neben der 116 117 gibt es aber noch die 112 für den Rettungsdienst. Doch welche der beiden Nummern ist nun im Fall einer medizinischen Behandlungsbedürftigkeit zu wählen?
Hier hilft das Bayerische Rettungsdienstgesetz (§ 2 Abs. 2 Satz 2) weiter. Gerettet werden sog. „Notfallpatienten". Das sind „Verletzte oder Kranke, die sich in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn sie nicht unverzüglich die erforderliche medizinische Versorgung erhalten". Anders als beim Rettungsdienst geht es beim Notdienst hingegen um weniger akute bzw. weniger gravierende Fälle. Dennoch ist aber auch z.B. für einen ärztlichen Hausbesuch zur Nachtzeit eine gewisse Eilbedürftigkeit erforderlich – andernfalls könnte ein Arzt ja am Folgetag in dessen Praxis aufgesucht werden.
Im Einzelfall kann die Wahl zwischen 112 und 116 117 schwierig sein, da insoweit medizinische Kriterien maßgeblich sind. Hinzu kommt das Risiko einer Fehleinschätzung: Im schlimmsten Fall verzögert sich eine sofortige Alarmierung des Notarztes, wenn nicht unmittelbar die 112 gewählt wird. Nicht zuletzt deshalb plädiert der stellvertretende Leiter der ILS Hochfranken Udo Müller dafür, auch den kassenärztlichen Notdienst – wie bereits früher (von 1976 bis 2002) – über die ILS in Hof zu koordinieren. Das entspräche übrigens der Organisationstruktur im Nachbarland Baden-Württemberg, wo Anrufe unter der 116 117 von Leitstellen beantwortet werden.
Prof. Dr. Markus Finn